Dipl.-Phys.Thomas Wollstein, Technisch-Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachbereiche Facility-Management und Technische Gebäudeausrüstung beim Verein Deutscher Ingenieure in Düsseldorf. (Quelle: Bernhard Bergmann)

Betreiberverantwortung bei Aufzügen (Teil I)

Aktuelles

Der Betreiber und seine Verantwortung – schillernde Begriffe in der Aufzugsbranche. Dipl.-Phys.Thomas Wollstein, Technisch-Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachbereiche Facility-Management und Technische Gebäudeausrüstung beim Verein Deutscher Ingenieure in Düsseldorf, erläutert in drei Folgen das juristische Umfeld.

Wenn Sie und ich ein Gerät oder eine Anlage erwerben, dann schauen wir im allgemeinen zunächst nur auf den erwarteten Nutzen: Wir wollen eine benutzerfreundliche Anlage, um die wir uns möglichst wenig kümmern müssen. Der britische Autor Terry Pratchett formulierte es so: Jede Technik, die von Magie unterscheidbar ist, ist noch nicht ausgereift.

Aufzug für Benutzer eine "Black Box"

Tatsache ist, dass, auch wenn Aufzüge bezogen auf das Verkehrsaufkommen als "sichere" Anlagen gelten dürfen, Gefährdungen bestehen. Die sieht der Betreiber der Anlage - mit Recht! - nur als "unerwünschte Nebenwirkungen" an. Wer aber eine Anlage verwendet, von der Gefährdungen ausgehen, ist verpflichtet, so damit umzugehen, dass Dritten – zum Beispiel den Nutzern der Anlage, Arbeitnehmern, denen diese Anlage zur Verfügung steht, aber auch Unbeteiligten – keine Gefahren über ein zumutbares Maß hinaus entstehen.

Die Zumutbarkeit hängt dabei davon ab, wie gut die Gefährdung erkennbar ist und welche Möglichkeiten die oder der Einzelne hat, sich davor zu schützen. Der Aufzug ist für seine Benutzer eine "Black Box". Die von ihr ausgehenden Gefährdungen kann er nicht erkennen. Deshalb sind Aufzüge als besonders gefährliche Anlagen im Produktsicherheitsgesetz als überwachungsbedürftige Anlagen aufgeführt.

Um seiner Garantenstellung gerecht zu werden, muss der Betreiber um die von seiner Anlage ausgehenden Gefahren wissen, denn Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Dieser Rechtsgrundsatz hat seinen Ursprung im römischen Recht und gilt mit wenigen Ausnahmen bis heute. Das nötige Fachwissen kann der Betreiber selbst erwerben oder sich im Wege der Beauftragung kundiger Personen verfügbar machen.

Wer ist eigentlich "Betreiber"?

"Betreiber ist, wer die tatsächliche oder rechtliche Möglichkeit hat, die notwendigen Entscheidungen im Hinblick auf die Sicherheit der Anlage zu treffen. (vgl. VGH Bad. Württ. DVBl. 1988, 542; VG Gießen BVwZ 1991, 914)."

Zunächst trifft es den Eigentümer einer Anlage, da sie ihm gehört und er alle Rechte hat. Letztendlich wird aber zum Betreiber, wer durch sein physisches oder juristisches Handeln - oder Nicht-Handeln! - das Geschehen beeinflussen kann, zum Beispiel durch:
– die Stellung als Eigentümer oder Besitzer,
– das Recht zur Anweisung,
– die Pflicht zur Kontrolle oder
– die Möglichkeit zur Auswahl.

Juristisch ist der Oberbegriff der des Garanten. Garant ist jeder, der es übernommen hat, durch seine Achtsamkeit und Fürsorge das Wohlergehen der ihm anvertrauten Dritten zu garantieren. Die "Übernahme" geschieht dabei durch:
– Schaffung einer Gefahrenquelle (wie das Starten eines Pkw zur Teilnahme am Straßenverkehr),
– Stellung in der Organisation (etwa Führungskraft, Brandschutzhelfer),
– vertragliche Pflichten (zum Beispiel Mieter), oder
– durch Zuweisung durch gesetzliche Bestimmungen.

"Technische Maßnahmen identisch"

Den Wortlaut des VGH-Urteils greift die übrigens die Begündung zu § 2, Abs. 3 der neuen, ab 1. Juni 2015 geltenden BetrSichV auf, ersetzt dabei allerdings "Betreiber" durch "Verwender". Ferner wird ausgeführt: "Die technischen Maßnahmen sind für alle Verwender, ob mit oder ohne Beschäftigte, identisch ("Sicherheit ist unteilbar")."

Im § 2, Abs. 2 der BetrSichV wird der Begriff "Verwenden" konkretisiert als "jegliche Tätigkeit mit [Arbeitsmitteln]. Hierzu gehören insbesondere das Montieren und Installieren, Bedienen, An- oder Abschalten oder Einstellen, Gebrauchen, Betreiben, Instandhalten, Reinigen, Prüfen, Umbauen, Erproben, Demontieren, Transportieren und Überwachen."

Verwechslungen mit anderen Rechtsvorschriften ausschließen

Die BetrSichV hat sich vom Begriff "Betreiber" verabschiedet, um Verwechslungen mit anderen Rechtsvorschriften, insbesondere dem BImSchG auszuschließen. In diesem Text wird der Begriff jedoch als in der Aufzugsbranche aktuell etabliert weiter verwendet.

Damit ist klar: Hinter dem Wort "Betreiber" verbirgt sich eine Rolle, die von verschiedenen Personen mit Leben gefüllt wird, und bei der sich die damit verbundene Verantwortung an den jeweiligen Einflussmöglichkeiten orientiert.

Von Thomas Wollstein

Betreiberverantwortung bei Aufzügen (Teil II)
Betreiberverantwortung bei Aufzügen (Teil III)

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