Schematischer Aufbau des PE-/PA-Systems an einem Aufzug.

Schematischer Aufbau des PE-/PA-Systems an einem Aufzug. (Foto: © Kerstin Offer, WDR)

EMV-Probleme durch Aufzüge

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Wie kann man die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) bei Aufzugsanlagen in der sensiblen Umgebung des Westdeutschen Rundfunks gewährleisten?

Das Problem tritt inzwischen nicht nur dort, sondern auch in komplexen Bürogebäuden auf. Denn hier kommen ebenfalls viele sensible Kommunikationsmittel zum Einsatz.

In einem aufwendigen Pilotprojekt im Westdeutschen Rundfunk unter Beteiligung der Firmen Osma-Aufzüge, Klinkhammer Steuerungen und Fuji Electric wurden verschiedene Maßnahmen und Kombinationen von Filtertechniken realisiert, um die EMV in der sensiblen Umgebung des WDR zu sicherzustellen. Die Wirksamkeit der Maßnahmen wurde mit aufwendigen Messungen dokumentiert.

Elektrische Störgrößen

Durch den immer häufiger werdenden Einsatz von nichtlinearen elektrischen Verbrauchern – wie Schaltnetzteilen, elektronischen Vorschaltgeräten oder geregelten Steuerungen für Geräte aller Art – entstehen elektrische Störgrößen. Sie können die betrieblichen Abläufe im Gebäude beeinträchtigen. Diese Geräte arbeiten mit getakteten Halbleiterelementen und erzeugen einen nicht mehr sinusförmigen Strom mit hohem Oberwellenanteil und steilen Stromanstiegen im Netz.

Die Folge sind hohe, nicht sinusförmige Ströme auch auf dem N-Leiter oder dem PEN-Leiter. Durch den Einsatz von Frequenzumrichtern in der Aufzugstechnik kommt es zu einer hohen Belastung (Störströme) des PE- und PA-Systems, die durch parasitäre Kapazitäten der Leitungen und Motoren eingeleitet werden. Diese Belastung stellt eine potenzielle Störquelle für die technische Ausrüstung eines Rundfunkgebäudes dar.

Sensible Mikrofone …

In Rundfunkgebäuden gibt es viele elektrische Anlagen mit unterschiedlichen Anforderungen an die elektromagnetische Betriebsumgebung. Am sensibelsten reagieren Mikrofon- und Lautsprecherinstallationen sowie Funkempfangsanlagen. Für den störungsfreien Betrieb dieser und vergleichbarer technische Systeme werden die EMV-Anforderungen für die erste Umgebung (EMV-Norm EN61800-3-Kategorie C1) als Minimalbedingung angesetzt.

Allerdings gehören Aufzüge mit einem Strom von mehr als 25A pro Phase, die dem EMV Standard für Aufzüge und Fahrtreppen nach DIN 12015 genügen, schon in die EMV-Kategorie C3. Diese Grenzwerte sind aber in solch empfindlichen Umgebungen indiskutabel.

Zur Einhaltung der üblichen EMV-Anforderungen haben sich Lösungen wie interne oder externe Filter auf der Netzseite der Umrichter und abgeschirmte Motorleitungen, die niederimpendant angeschlossen sind, etabliert. Die Erfordernisse bei Rundfunkanstalten gehen aber weit über diese Standards hinaus.

Störströme ableiten

Eine wichtige Maßnahme zur Reduzierung der Störeinflüsse ist die systematische Trennung von PA und PE mit dem Ziel, die entstehenden Störströme über den PE abzuleiten und den PA "sauber zu halten". Über den PE in der Zuleitung müssen die impulsförmigen Filterableitströme, die durch den Frequenzumrichter entstehen, zur Erde abgeleitet werden.

Der PA muss (möglichst) frei von Störströmen gehalten werden. Um dies bei der Trennung von PE und PA zu erreichen, müssen die Störgrößen am Ausgang des Frequenzumrichters (pulsweitenmodulierte Spannung/Strom, Taktfrequenz FU) durch einen geeigneten Filter beseitigt werden.

Der Einsatz von Sinusfiltern ermöglicht einen annähernd sinusförmigen Strom am Motor, womit die kapazitiven Ableitströme am Motor weitgehend beseitigt werden können. Diese leistungsfähigen Filter machen aber ein hochwertige Regelung, wie sie bei Aufzügen heute als selbstverständlich betrachtet wird, sehr schwierig. Bisherige Versuche von Umrichterherstellern dieses Problem in den Griff zu bekommen, waren entweder nicht erfolgreich oder mit sehr hohen Kosten und Aufwendungen verbunden.

Störungen nicht mehr hinnehmbar

In der Grafik ist erkennbar, dass PA und PE konsequent bis zum Tiefen Erder getrennt wurden. Sämtliche Störeinflüsse sollen über den in den Stromleitungen mitgeführten PE abgeführt werden. Dafür wiederum ist es wichtig, dass die Zuleitung zum Aufzug durchgängig mit fünf Leitern erfolgt.

Bei einem einzigen Aufzug am Versorgungsnetz eines Hauses, sind die Störeinflüsse wahrscheinlich unkritisch. Gibt es aber mehrere Aufzüge oder entsprechend empfindliche Kommunikationsgeräte im Haus, vermischen sich PA und PE unvermeidlich und sind die Störungen für den Betreiber nicht mehr hinnehmbar.

Dann werden aufwendige Befilterungen notwendig. Nur eine komplexe Netzanalyse, die auch hochfrequente Störgroßen berücksichtigt, wird die Störungen sichtbar machen.

Von Klaus Arnolds und Bastian Dettlinger
Klaus Arnolds war erster Techniker Fördertechnik beim WDR, heute arbeitet er als Ruheständler für Hundt-Consult.
Bastian Dettlinger ist Niederlassungsleiter von Hundt-Consult in Köln.