2G-Abschaltung: Es besteht Handlungsbedarf!
In der vergangenen Ausgabe des LIFTjournals hat Bernd Betreiber einen Beitrag zur der von der Telekom angekündigten Abschaltung der 2G-Mobilfunknetze geschrieben. "Bitte keine Panik!" war sein Ratschlag. Odo Hake vertritt eine andere Meinung.
Ein Kommentar von Odo Hake
Die von der Telekom angekündigte Abschaltung des 2G-Netzes zum 30. Juni 2028 ist ein bedeutender Einschnitt für alle Aufzugsbetreiber. Die Vorbereitung auf diese Umstellung nimmt Zeit in Anspruch und wer jetzt nicht handelt, riskiert massive Engpässe und hohe Kosten in der Zukunft.
Die Aufzugsbranche – einschließlich Aufzugs-, Wartungs- und Serviceunternehmen, Beratern sowie Herstellern von Notrufhardware – sollte gemeinsam die Betreiber von Aufzügen informieren. Es ist wichtig, sie dafür zu sensibilisieren, dass beim Notruf über Mobilfunk fast immer Handlungsbedarf besteht.
Planung und Investition: Ein notwendiger Schritt
Die betroffenen Betreiber müssen zunächst feststellen, welche ihrer Aufzüge noch mit einem 2G-basierten Notrufsystem ausgestattet sind. Dabei sollten auch die Mobilfunkverträge überprüft werden. Nicht jeder bestehende, alte Tarif umfasst automatisch die Nutzung des 4G-Netzes mit Sprachübertragung über LTE (VoLTE). Dies erfordert eine Bestandsaufnahme.
Hinzu kommt, dass Angebote eingeholt und Investitionsplanungen erstellt werden müssen – ein Prozess, der nicht innerhalb weniger Wochen abgeschlossen ist. In vielen Fällen sind solche Positionen nicht im aktuellen Budgetjahr enthalten, sodass zwangsläufig eine Verzögerung entsteht.
Auch die vorgeschlagene Alternative, einfach den Netzbetreiber zu wechseln, ist nur eine kurzfristige Lösung. Denn es ist absehbar, dass auch die anderen Mobilfunkanbieter in den kommenden Jahren ihre 2G-Mobilfunknetze abschalten werden – so, wie das auch in vielen anderen Ländern geschieht oder bereits geschehen ist. Ob dies dann mit einer ähnlich langen Vorlaufzeit wie bei der Telekom erfolgt, ist ungewiss. Betreiber, die sich darauf verlassen, riskieren, erneut kurzfristig umstellen zu müssen.
Die Umstellung als Chance begreifen
Die erzwungene Umrüstung sollte nicht nur als Kostenfaktor gesehen werden, sondern bietet eine einmalige Gelegenheit, die Notrufinfrastruktur auf einen modernen und einheitlichen Stand zu bringen. Moderne Mobilfunkgateways können Aufzugsdaten per Routingfunktion übertragen und ermöglichen so das Monitoring.
Diese Funktion kann sofort genutzt oder als Vorbereitung für zukünftige Nutzung verwendet werden – ohne zusätzliche Hardwarekosten. Oft reicht es nicht aus, nur das Mobilfunkgateway zu tauschen. Sehr alte Notrufgeräte könnten mit neuen Gateways nicht kompatibel sein, sodass auch hier eine umfassende Prüfung und ein Austausch erforderlich sein kann.
Betreiber sollten zudem wissen, dass sich durch den Umbau die Möglichkeit ergibt, einen barrierefreien Zwei-Sinne-Notruf zu integrieren. Dieser bietet nicht nur Barrierefreiheit für Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderung, sondern kann auch dazu beitragen, normative Anforderungen zu erfüllen.
Ein Rechenbeispiel verdeutlicht die Dringlichkeit
Die Zahlen sprechen für sich:
• Es gibt schätzungsweise rund 800.000 Aufzüge in Deutschland (Quelle: ELA), die Hersteller von Notgeräten gehen davon aus, dass der Aufzugsnotruf von etwa 400.000 Aufzüge in Deutschland über Mobilfunk erfolgt.
• Um alle rechtzeitig umzurüsten, müssten täglich nach der Schätzung der Hersteller ca. 500 Notruf-Gateways ausgetauscht werden.
• Dies würde etwa 100 Monteure in Vollzeit erfordern, nur für diese Umrüstungen (bei der sportlichen Annahme, dass fünf Aufzüge pro Tag pro Monteur umgerüstet werden).
• Eine hohe Nachfrage könnte zu Engpässen bei Geräten und Fachkräften führen, was wiederum Verzögerungen und steigende Kosten mit sich bringt.
Fazit: Ja, es gibt keinen Grund zur Panik – aber sehr wohl Grund zum Handeln. Wer jetzt beginnt, hat die besten Chancen, die Umstellung reibungslos durchzuführen. Wer zu lange wartet, riskiert Engpässe, steigende Kosten und schlimmstenfalls eine Betriebsunterbrechung seiner Aufzüge. Eine proaktive Planung ist daher unverzichtbar, um in den kommenden Jahren reibungslos in die neue Mobilfunkgeneration zu wechseln.
Odo Hake ist Marketingleiter bei Telegärtner Elektronik. Das Unternehmen ist unter anderem auf Notruftechnik für Aufzüge spezialisiert.
Weitere Informationen: Sie können den Artikel von Bernd Betreiber im Internet lesen. lift-journal.de/keine-panik
Mehr Infos zur Abschaltung von 2G finden Sie in dieser Übersicht: lift-journal.de/2G
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