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Neues Gesetz für überwachungsbedürftige Anlagen

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Eine neue EU-Verordnung zur Marktüberwachung und Konformität von Produkten hat dazu geführt, dass das Überwachungsbedürftige Anlagengesetz (ÜAnlG) geschaffen wurde.

Es ist am 16. Juli 2021 in Kraft getreten und wurde am 30. Juli 2021 veröffentlicht. Diese Verordnung hat dazu geführt, dass zwei neue Gesetze verabschiedet wurden. Als erstes wurde das Marktüberwachungsgesetz (MÜG) eingebracht, dass für sämtliche, auch nicht harmonisierte Marktüberwachungsvorschriften gelten soll. Bisher wurden aus historischen Gründen vom Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) auch der Betrieb von Überwachungsbedürftigen Anlagen geregelt. Dies ist nun nicht mehr so, sie wurden jetzt in das Gesetz über überwachungsbedürftige Anlagen überführt.

Letzteres wird dazu führen, dass die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) an das neue ÜAnlG redaktionell angepasst werden muss. Dieses neue ÜAnlG regelt die Errichtung und den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen, die gewerblichen oder wirtschaftlichen Zwecke dienen oder durch die Beschäftigte gefährdet werden können. Es soll die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten und anderer Menschen beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen gewährleisten, wenn diese sich im Gefahrenbereich einer solchen Anlage befinden.

Es regelt damit die grundlegenden Anforderungen an den Betrieb der Anlagen, wie man es bisher schon aus gesetzlichen Regelungen kannte, z. B. bzgl. Schutzmaßnahmen, Instandhaltung, Prüfung, Gefährdungsbeurteilung und dem Abschalten der Anlage bei gefährlichen oder nicht beseitigten Mängeln.

Doch was ändert sich konkret und was sind die Auswirkungen?

Konkret ändert sich viel in Bezug auf die Zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS), der Umgang mit Mängeln bei den Prüfungen und damit auch mit den Aufsichtsbehörden, den ZÜS-Verordnungen der Länder und auch dem Anlagenkataster. Doch eins nach dem anderen …

Das neue ÜAnlG ist wie eine bundeseinheitliche ZÜS-Verordnung zu verstehen. Was auf der einen Seite zum Abbau von unterschiedlichen Regelungen dient, wirft auf politischer Ebene der Länder neue Fragen auf. So hatten Bayern und Rheinland-Pfalz bisher keine ZÜS-Verordnungen und müssen nun seit Juli lernen, mit den gesetzlich geforderten Meldungen der ZÜSen, die aus dem ÜAnlG resultieren, umzugehen.

Die anderen Länder, die bisher schon ZÜS-Verordnungen hatten, müssen nun überlegen, ob sie ihre ZÜS-Verordnungen ändern oder einstampfen wollen, weil sie nicht dem ÜAnLG entsprechen. Dies alles kann zu Irritationen bei Betreibern, ZÜSen und Behörden führen, gerade dann, wenn es am Ende Doppel-Regelungen gibt.

Kosten zahlen die Betreiber

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Das Anlagenkataster der Länder (AnKa) ist eine Datenbank, in der Daten überwachungsbedürftiger Anlagen an zentraler Stelle gesammelt werden, damit die Behörden jederzeit Zugriff auf Anlagendaten in ihrem Zuständigkeitsbereich haben. Die Datenbank wurde von der LUBW (Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg) entwickelt und wird von der LUBW als Datei führende Stelle betrieben.

Die ZÜSen melden ins AnKa die Ergebnisse ihrer Prüfungen. Die Betriebskosten für das AnKa sind nicht – wie man vom Gesetz her vermuten würde – etwa durch den Bund oder die Länder zu tragen, sondern durch die ZÜSen. Diese müssen jedes Anlegen eines Datensatzes und jede Meldung einer Prüfung bezahlen.

Diese Kosten werden auf die Auftraggeber der Prüfungen übertragen – die Betreiber. Bisher waren die Bundesländer Hessen, Berlin, Bayern und Rheinland-Pfalz nicht an das AnKa angeschlossen, seit 16. Juli 2021 hat sich das nun geändert und auf alle Betreiber in diesen Ländern kommen nun Zusatzkosten zu.

Unangenehme Post der Behörden

Die Zugelassenen Überwachungsstellen müssen jetzt ihr Meldeverhalten gegenüber Behörden und ihren Kunden anpassen. Doch viele Betreiber werden auf die nachfolgenden Veränderungen nicht vorbereitet sein und laufen deshalb Gefahr, unangenehme Post von den Behörden zu erhalten. In Bayern und Rheinland-Pfalz müssen seit Mitte Juli, wie in allen anderen Bundesländern auch, gefährliche Mängel, zu denen beispielsweise auch ein nicht funktionierendes Notrufsystem gehört, unverzüglich den Behörden gemeldet werden.

Die ZÜSen müssen ihre Betreiber separat informieren, dass sie bei geforderten Nachprüfungen nicht automatisch kommen, sondern von den Betreibern extra beauftragt werden müssen. Ignoriert ein Betreiber dies und beauftragt diese Prüfung aus Gewohnheit nicht, weil er diese Änderung nicht kennt und nicht gewohnt ist, muss die ZÜS der Behörde melden, wenn eine Nachprüfung nicht beauftragt oder nicht fristgerecht durchgeführt wurde. In einigen Bundesländern war dies durch die dort geltenden ZÜS-Verordnungen bisher auch schon gängige Praxis, jetzt ist es bundeseinheitlich so geregelt.

Weitere Nachprüfung kann festgelegt werden

Besonders die folgende Neuregelung wird viele Betreiber und Behörden irritieren: Kommt die ZÜS zur Nachprüfung und stellt fest, dass einer der sicherheitserheblichen Mängel nicht beseitigt wurden, wird sie ggf. eine weitere Nachprüfung mit erneuter Frist festlegen. Neu dabei ist, dass trotz beauftragter und fristgerechter Prüfung die ZÜS dennoch die Nichtbeseitigung eines Mangels der Behörde melden muss.

Es bleibt abzuwarten, wie in der Praxis mit dem neuen Gesetz und den noch parallel gültigen länderspezifischen ZÜS-Verordnungen zwischen den Beteiligten umgegangen wird.

Von Lars Lindert
Der Autor ist Aufzugs- und Normenexperte und gehört zum Beirat des LIFTjournals.

Weitere Informationen: Hier finden Sie das neue Gesetz zur Anpassung des Produktsicherheitsgesetzes und zur Neuordnung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen.

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