Antoine Doutriaux, CEO der Wittur-Gruppe. (Foto: © Ulrike Lotze)

Antoine Doutriaux, CEO der Wittur-Gruppe. (Foto: © Ulrike Lotze)

Exklusiv-Interview: Die Pläne des neuen Wittur-CEO

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Warum hat Wittur kurz vor der interlift den Betrieb von LM Liftmaterial eingestellt? Das ist eine der Fragen, der sich Antoine Doutriaux, CEO der Wittur-Gruppe, in einem Exklusivinterview mit dem LIFTjournal stellt.

Warum hat Wittur so kurz vor der interlift den Betrieb von LM Liftmaterial eingestellt? Wie schreitet die Fusion zwischen Wittur und Sematic voran? Antoine Doutriaux ist seit Augut 2018 neuer CEO der Wittur-Gruppe. In einem Exklusivinterview mit dem LIFTjournal äußert sich der neue Chef eines der weltweit größten Herstellers von Aufzugkomponenten zu diesen Fragen.

Nachdem Sie schon in vielen verschiedenen Branchen tätig waren, arbeiten Sie jetzt seit eineinhalb Jahren in der Aufzugbranche. Welche Unterschiede sind Ihnen aufgefallen?
Doutriaux: All diese Branche, einschließlich der Aufzugbranche, haben eines gemeinsam: Die Menschen arbeiten mit Leidenschaft – das ist großartig! Es macht uns Freude, schöne Produkte herzustellen – mit viel Innovation und einem tiefen Bedürfnis nach Kundenorientierung. Und das ist definitiv auch in der Aufzugbranche zu finden. Genauer gesagt: Obwohl es sich um eine recht große Branche handelt, ist es eine kleine Welt für sich, in der die Menschen sich kennen. Das sind ideale Bedingungen, um langfristige Geschäftsbeziehungen aufzubauen, was eines der Hauptziele meiner Arbeit bei Wittur ist.

HandwerkWarum wurde der Betrieb von Liftmaterial eingestellt? Und warum erfolgte dieser Schritt ausgerechnet so kurz vor der interlift?
Doutriaux: Liftmaterial ist seit 50 Jahren auf dem Markt, so dass dies wirklich eine schwierige Entscheidung war. Was das Timing betrifft, so gibt es gewiss nie einen guten Zeitpunkt, um den Betrieb eines Unternehmens einzustellen. Eine Ankündigung dieser Betriebsstilllegung nach der interlift wäre wahrscheinlich noch ungünstiger und den Kunden gegenüber nicht fair gewesen. Warum mussten wir diese Entscheidung treffen? Wir haben in den letzten Jahren in Mitarbeiter sowie Forschung und Entwicklung investiert. Es ist aber leider eine Tatsache, dass nicht nachhaltig gewirtschaftet wurde und der Weg aus dieser Situation lang und schwierig gewesen wäre. Deshalb haben wir zusammen mit unserem Vorstand diese Entscheidung getroffen.

Können Sie mir etwas zur Zukunft von Wittur Dresden sagen?
Doutriaux: Bei Wittur Dresden entwickeln und fertigen wir unsere Antriebe. Dabei handelt es sich nicht nur um Aufzugantriebe, sondern auch um industrielle Antriebe, für die wir auf eine langjährige Beziehung zu einem großen internationalen Unternehmen zurückgreifen können. Deshalb möchten wir dieses Geschäft unbedingt weiter ausbauen und stärken. Das Motto von Wittur auf der interlift lautet "Freiheit bei Komponenten": Wir sind in der Lage, ein breites Spektrum an Komponenten – Türen, Antriebe, Sicherheitsbauteile – vom Einsteiger- bis zum Premiumbereich anzubieten, einschließlich spezieller, einzigartiger Produkte, die unseren Kunden unserer Meinung nach exklusive Vorteile bieten. Wir wollen ganz bestimmt nicht nur ein Anbieter von Aufzugtüren sein, sondern auch weiterhin ein breites Spektrum an Komponente anbieten. Und dazu gehören selbstverständlich auch die Antriebe.

HandwerkAber das Kerngeschäft Ihres Unternehmens liegt immer noch im Bereich Türen, oder?
Doutriaux: Im vergangenen Jahr haben wir mehr als zwei Millionen Türen verkauft, was einen großen Teil unseres Geschäfts ausmacht. Aber wir entwickeln und produzieren ein komplettes Portfolio an Fangvorrichtungen – ein sehr wichtiger Teil des Aufzugsystems – und bieten einzigartige Lösungen im Bereich der Hochgeschwindigkeitsaufzüge an. Außerdem fertigen wir neben Antrieben auch Aufzugkabinen und Fahrkorbrahmen. In unserer Produktionsstätte in der Türkei integrieren wir unsere Komponenten in komplette Systeme. Auch wenn Türen immer noch einen großen Teil des Portfolios darstellen, wollen wir uns nicht nur auf Türen konzentrieren, sondern unsere Produktpalette dort erweitern und stärken, wo es für unsere Kunden sinnvoll ist.

Der Anteil der Türen am Umsatz von Wittur liegt immer noch bei rund 70 Prozent...
Doutriaux: Ja, natürlich machen die Türen etwa drei Viertel unseres Geschäfts aus. Da wir nun über Zahlen sprechen, möchte ich darauf hinweisen, dass wir gerade im März 2019 einen neuen Investor – PSP Investment – gewinnen konnten, der mit 32 Prozent der Anteile in unseren Vorstand aufgenommen wurde. Wir erwarten, dass PSP ein sehr langfristiger Investor ist: Es handelt sich dabei um einen Pensionsfonds, der üblicherweise etwa 15 bis 20 Jahre lang, ohne zeitliche Begrenzung, investiert. Dies ist also ein bestens geeigneter Aktionär, um unsere Zukunft langfristig zu sichern.

HandwerkUnd welche Pläne gibt es bei Wittur mit Blick auf Zukunftstechnologien und Trends bei intelligenten Komponenten?
Doutriaux: Wir investieren schon seit mehreren Jahren sehr viel in Innovationen. Und ich bin fest entschlossen, dies auch weiterhin zu tun. Wir müssen unseren Kunden die richtigen Funktionen und Dienstleistungen anbieten. Die Digitalisierung ist eine sehr wichtige Entwicklung – und sie hat längst begonnen: Alle unsere Türen sind IoT-fähig. Darüber hinaus bieten wir moderne Überwachungsfunktionen an, mit denen unsere Kunden nicht nur auf einen anstehenden Wartungsbedarf reagieren, sondern ihn sogar vorhersehen können. Dies gilt nicht nur für Türen, sondern auch für Antriebe und Sicherheitsbauteile – wo wir übrigens eine neue elektronische Fangvorrichtung eingeführt haben. Dies ist ein wesentliches Anliegen unserer Innovationsstrategie.

Wie schreitet die Fusion zwischen Wittur und Sematic voran?
Doutriaux: Die Fusion läuft seit nunmehr drei Jahren. Wir sind mit der Richtung und der Übernahme selbst sehr zufrieden, da wir uns dadurch sowohl mit Blick auf unsere Kunden als auch unsere geografische Präsenz breiter aufstellen konnten. Die Integration zweier Unternehmen mit unterschiedlichen Kulturen ist aber natürlich nicht immer einfach. Deshalb arbeiten wir nach wie vor daran, eine nahtlose Integration zu erreichen.

Haben Sie derzeit Pläne, weitere Unternehmen dieser Art zu erwerben?
Doutriaux: Wir planen ganz bestimmt, organisch und profitabel zu wachsen. Und dabei sind wir davon überzeugt, dass strategische Übernahmen das Unternehmen Wittur stärken könnten. Das ist sicherlich Teil unserer Strategie und etwas, das wir kontinuierlich im Blick haben. Zu konkreten Plänen kann ich mich natürlich momentan nicht äußern.

Das Interview führte Ulrike Lotze.

www.wittur.com