Blick in die Röhre: An diesen dünnen Stahlseilen hängt der Aufzug, der die Techniker auf etwa 90 Meter Höhe im Windrad bringt. (Quelle. Wolfgang Weitzdörfer)

Phantastische Fahrt auf ein Windrad

null

Es ist ein wenig so, als würde man sich auf eine Fahrt unter Tage begeben – im Phantasiereich von Alice im Wunderland. Denn die enge Kabine des Gondelaufzugs bewegt sich nicht nach unten, in die Tiefe.

Im Gegenteil, es geht nach oben, 90 Meter, um genau zu sein. Es geht hoch zur technischen Zentrale eines Windrads des Typs Enercon E-82 inmitten der reizvollen Landschaft des Bergischen Landes.

90 Meter in die Höhe

Von den Talsperren und den weiten, grünen Auen ist indes nichts zu sehen, sobald man sich ins Innere der Gondelkabine begibt, die dank ihrer Auslage für zwei Personen eher eng als geräumig ist. 90 Meter geht es in die Höhe, kräftig ruckend setzt sich der Aufzug in Bewegung, schwankt leicht, und nur die Taschenlampe erhellt die Umgebung etwas.

HandwerkMan kann die Sprossen der Steigleiter erkennen, die für den Notfall – also den Ausfall des Aufzugs – an der Außenwand des schlanken Turms angebracht ist. Irgendwann, es sind nur drei Minuten vergangen, ist dann aber, ganz sprichwörtlich, Schicht im Schacht. Denn irgendwo, also nach 90 Metern, ist jener Schacht zu eng, um weiter mit dem Aufzug bis ins "Herz" der modernen Windmühle zu fahren. Die technische Zentrale befindet sich auf 106,4 Metern.

Also heißt es, die restlichen knapp 17 Meter auf den Sprossen nach oben zu klettern, die man gerade noch im Schein der Taschenlampe so beruhigend weit weg gesehen hat. Gut gesichert, klar, aber natürlich trotzdem mit entsprechend komischen Bauchgefühl.

Gefühl der Demut

Für die Techniker, die mindestens viermal im Jahr zur Wartung und dann noch nach Bedarf, etwa bei technischen Problemen, nach oben müssen, ist das natürlich Routine. Der seltene Besucher empfindet allerdings durchaus ein Gefühl der Demut. Vor allem dann, wenn er auf die Kuppel des Windrads treten kann. Dort sind in 149 Metern Höhe die drei jeweils knapp 39 Meter langen Rotorblätter mit insgesamt 21 Tonnen Gewicht befestigt, die den Wind in Strom umwandeln.

Die ovale Kuppel sieht von unten aus wie ein liegendes Ei. Und dort hat man vor allem einen unglaublichen Ausblick auf die Umwelt. Alles sieht ganz klein und friedlich aus, rückt Dinge in die richtige Perspektive, macht, ja, demütig. Später geht einem wieder Alice durch den Sinn – dann, wenn es hinab geht. Denn dann ertappt man sich bei dem Gedanken, gar nicht wieder auf den Boden zu wollen.

Von Wolfgang Weitzdörfer

Das könnte Sie auch interessieren: