Aufzughelden-Geschäftsführer Simon Vestner.

Aufzughelden-Geschäftsführer Simon Vestner. (Foto: © Digital Spine)

"Es gibt keinen Verlierer in der Welt, die wir schaffen"

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Sie versprechen, die Instandhaltungskosten für die Betreiber mithilfe ihrer Box deutlich zu reduzieren: Das Angebot der Aufzughelden sorgt in der deutschen Aufzugsbranche für Diskussionen. Das war Anlass für das LIFTjournal, Geschäftsführer Simon Vestner zu interviewen.

Vestner erklärt in dem Gespräch: Durch sein Angebot ginge vielleicht der Umsatz der Wartungsfirmen nach unten, aber ihre Marge nach oben.

Wie sieht Ihr Unternehmenskonzept aus?
Vestner: Wir verstehen uns als Software- und Technologieunternehmen. Wir wollen mit unserer Lösung, der "Aufzughelden"-Box, Störungen vermeiden und zwar unabhängig vom Hersteller des Aufzuges und unabhängig vom Alter des Aufzuges.

Bieten Sie auch ein Liftmanagement, das den Betreiber in den rechtlichen, technischen und administrativen Bereichen entlastet?
Vestner: Nein, wir sind kein Ingenieurbüro oder Wartungsunternehmen, sondern wir sehen uns als Datenlieferant. Also als Technologie-Unternehmen, das Informationen organisiert, die es heute noch nicht gibt. Die können wir dann dafür verwenden, um bessere Entscheidungen zu treffen als ohne die Informationen, die uns der Aufzug gibt.

Wo ist der Mehrwert für den Kunden?
Vestner: Unsere Kunden haben drei klare Mehrwerte. Erstens schaffen wir die vollständige Transparenz zum Aufzug – nicht nur, was die Rechnungen anbelangt, sondern wir wissen, wie es der Maschine Aufzug geht. Zweitens erhöhen wir die Verfügbarkeit des Aufzugs, weil wir heute schon erkennen, wann in Zukunft eine Störung stattfinden wird. Der dritte Punkt ist, dass wir die Kosten reduzieren, aber ohne an der Marge der Wartungsfirmen zu drehen.
Das ist ganz wichtig. Denn der Aufwand der Störungsbeseitigung ist geringer, weil wir wissen, dass eine Störung kommen wird – so können wir Wartungstätigkeiten mit Störungstätigkeiten vorbeugen. Dadurch geht vielleicht der Umsatz für das Wartungsunternehmen runter, aber dafür die Marge nach oben. Weil wir viel effizienter arbeiten. Gleichzeitig arbeitet der Aufzug dadurch deutlich nachhaltiger. Es gibt also keinen Verlierer in der Welt, die wir schaffen.

Wie unterscheidet sich Ihr Angebot vom Wettbewerb?
Vestner: Der Unterschied ist, dass wir erstens im Gegensatz zu allen Sensorherstellern direkt mit der Steuerung verbunden sind. Die Sensorhersteller bauen um eine Maschine herum Sensoren, die dann die Maschine interpretieren. Das heißt, wenn Sie eine Störung feststellen wollen, müssen Sie wissen, dass der Aufzug steht und dann muss der Sensor feststellen, ob das nun ein normales Stehen ist oder eine Störung ist – das ist schwierig aus meiner Sicht. Wenn Sie dagegen direkt mit der Steuerung verbunden sind, wissen Sie sofort, dass der Aufzug eine Störung hat. Das ist ein Unterschied in der Qualität der Daten.
Der zweite große Unterschied: Natürlich haben auch die Aufzugkonzerne eine direkte Verbindung zur Steuerung, aber nur für die neuen Modelle. Außerdem haben andere Hersteller keinen Zugriff auf die Aufzüge der Konzerne, es sind geschlossene Systeme. Wir sagen, dass Technologie kein Geld kosten muss, sondern wir können den Betreiber direkt am Technologiesprung beteiligen und dadurch seine Betriebskosten senken.

Die Aufzughelden-Box ist direkt mit der Steuerung des Aufzugs verbunden. Foto: © Digital SpineDie Aufzughelden-Box ist direkt mit der Steuerung des Aufzugs verbunden. Foto: © Digital Spine

Wer gehört zu Ihren stärksten Mitbewerbern?
Vestner: Wir haben keinen direkten Mitbewerber. Ich hätte zwar gerne einen Wettbewerb, aber es gibt heute keinen, der das so macht wie wir.

Wie generieren Sie die Daten?
Vestner: Von der Steuerung fließen die Daten in unsere Aufzughelden-Box, von dort aus bauen wir einen digitalen Zwilling in der Cloud auf und fügen dort ein paar eigene Gewürze hinzu, um die Geschmacksrichtung der Daten richtig gut zu machen. Dann schicken wir die Daten in die Cloud und dort haben wir dann einen Abstraktionslayer. Und darauf laufen nun die Algorithmen und diese Algorithmen dienen dazu, Muster zu erkennen. Dadurch wissen wir heute schon, dass es in acht Wochen eine Störung am Aufzug geben wird. Diese acht Wochen können wir dann dazu verwenden, eine Wartung zu planen und während der Wartung die nötigen Reparaturen durchzuführen, um die Störungen zu vermeiden. Diese Gewürze sind natürlich unser Betriebsgeheimnis. Denn es geht darum, wie man die Daten anreichert, damit man sie auch nutzen kann.

Was machen Sie, wenn die Protokolle verschlüsselt sind – oder wenn es gar keine Datenschnittstelle gibt?
Vestner: Dann fragen wir als Erstes diejenigen, die die Protokolle haben, ob sie mit uns zusammenarbeiten. Wenn sie "Nein" sagen und die Daten nicht offenlegen wollen, dann muss man neue Technologien anwenden, um die Protokolle zu interpretieren. Das heißt: Sie verbinden sich mit dem Controller, drücken dann unterschiedliche Tasten und entschlüsseln das rückwirkend. Ich habe noch keinen Aufzug gefunden, der keine Schnittstelle hat, aber wenn er keine hat, geht das natürlich nicht.

Und was ist mit den Türen, die für die meisten Störungen verantwortlich sind – die sind ja häufig nicht mit der Steuerung verbunden …
Vestner: Dafür haben wir ein besonderes Schmankerl: Es gibt Muster, die auf der Hand liegen. Das ist etwa das Muster "Zeit", wir überwachen die Türöffnungs- oder Türschließzeiten. Dazu überwachen wir noch die Stromaufnahme usw. Es sind ganz viele Kleinigkeiten, um da unsere Gewürzmischung anzubringen. Wir nutzen sehr viele andere indirekte Faktoren, um eine exakte Vorhersage treffen zu können.

Sie haben Pläne, Ihr Angebot international auszuweiten – wie sehen diese konkret aus?
Vestner: Im Ausland gehen wir einen anderen Weg als in Deutschland. Wir wollen dort sehr mithilfe von Distributoren schnell wachsen, das heißt: Wir wollen Partnerunternehmen haben, die unser Angebot in ihrem Land, in dem sie sich auskennen, anbieten können. Wir wollen in 24 Monaten in jedem europäischen Land vertreten sein. 

Das Gespräch führte Ulrike Lotze


Weitere Informationen: Digital Spine mit der Marke Aufzughelden hat nach eigenen Angaben das Ziel, Aufzüge in Deutschland zu digitalisieren und langfristig funktionsfähig zu halten. Das Unternehmen gibt es seit 2020, Geschäftsführer ist Simon Vestner. Aufzughelden hat inzwischen über 100 Kunden und mehr als 40 Mitarbeiter, die sich mit der Digitalisierung von derzeit rund 2.000 Aufzügen befassen. Herzstück des Komplettpakets ist nach Angaben des Unternehmens die Aufzughelden-Box, die direkt mit der Steuerung des Aufzugs verbunden ist.

aufzughelden.com

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