(Foto: © TÜV Austria)

Ähnliche Gesetzesmaterien, unterschiedliche Regelungen

Betreiber

Die Abnahmeprüfung für Aufzüge in Österreich ist anders geregelt als die Prüfung vor Inbetriebnahme in Deutschland. Die Regelungen sind zwar ähnlich, es gibt aber wichtige Unterschiede im Detail.

Von Thomas Maldet

Das Inverkehrbringen von neuen Aufzügen ist in der Europäischen Union in der Aufzugsrichtlinie geregelt. Die aktuell gültige Ausgabe dieser Richtlinie ist die 2014/33/EU, sie muss seit April 2016 verbindlich angewendet werden und von den EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.

Das geschieht in Österreich mit der Aufzüge-Sicherheitsverordnung 2015 (ASV2015), in Deutschland durch eine Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz. Die Verfahren zur Konformitätsbewertung sind ebenfalls in dieser Gesetzesmaterie geregelt.

Ein ordnungsgemäß in Verkehr gebrachter Aufzug darf aber in vielen Staaten nicht automatisch in Betrieb gesetzt werden.

Sichere Verwendbarkeit des in Verkehr gebrachten Aufzugs

In Deutschland muss eine "Prüfung vor Inbetriebnahme" (PVI) gemäß Betriebssicherheitsverordnung gemacht werden. Berechtigt für diese Prüfungen sind die Zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS). In Österreich ist in den bundesländerspezifischen Aufzugsgesetzen bzw. in der Hebeanlagen-Betriebsverordnung eine Abnahmeprüfung vorgesehen.

Sie muss durch Aufzugsprüfer bzw. Sachverständige für Aufzüge vorgenommen werden. Inhaltlich sind die Gesetzesmaterien der beiden Staaten ähnlich, aber im Detail doch unterschiedlich.

Die verpflichtenden Prüfungen sind in Deutschland in der TRBS1201-4 vollständig aufgezählt. Neben einer Ordnungsprüfung, die im Wesentlichen die vorhandene Dokumentation umfasst, gibt es noch Prüfungen, die vor Ort gemacht werden müssen. Es geht dabei um die sichere Verwendung des in Verkehr gebrachten Aufzuges.

Gesetzlicher Auftrag in Österreich umfassender formuliert

In Österreich sind die Prüfungen ähnlich, aber nicht vollständig aufgezählt. Der gesetzliche Auftrag an den Sachverständigen ist allgemeiner und damit auch umfassender formuliert. Das grundsätzliche Schutzziel ist dabei der Schutz von Personen, gegebenenfalls auch von Haustieren und Gütern bei der Inbetriebnahme, und die bestimmungsgemäße Verwendung der Anlage nach dem Stand der Technik. Besonders diese bestimmungsgemäße Verwendung ist natürlich sehr stark vom Standort und der Einbausituation des Aufzuges abhängig.

Auch der österreichische Gesetzgeber sieht Prüfungen von Unterlagen und praktische Prüfungen an der fertigen Anlage vor. Berücksichtigt werden müssen Brandschutz, Schallschutz, Festigkeit des Gebäudes, Energieeffizienz und die alleinige Nutzung des Schachtes für den Aufzug.

Der letzte Punkt bedeutet, dass sich keine aufzugsfremden Leitungen oder Einrichtungen im Schacht befinden dürfen. Hier kommt es oft zu Diskussionen, wenn Klimageräte oder gesteuerte Lüftungs- oder Brandschutzklappen im Schacht vorhanden sind. In manchen Fällen sind sie für den sicheren Betrieb des Aufzuges notwendig.

Es ist auch wichtig zu wissen, welche Personen Zutrittsberechtigungen zum Aufzugsschacht haben, weil sie beispielsweise die Wartungsarbeiten durchführen. Die Bewertung geschieht bei der Abnahmeprüfung durch den Sachverständigen.

Fließende Grenzen des Gewerks Aufzug und der Umgebung

Besonderes Augenmerk liegt auf der Zugänglichkeit für Personen, einschließlich Personen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität, sowie auf den Vorkehrungen für die Notbefreiung eingeschlossener Personen. Architekten verwirklichen sehr oft Wohnungen, die über zwei oder mehrere Stockwerke führen. Dabei entstehen Aufzugsladestellen, die nicht von Allgemeinbereichen aus zugänglich sind. Die Ausführungen und Vorkehrungen für die Notbefreiung sind ebenfalls Gegenstand der Abnahmeprüfung.

Wenn die Anlage abgenommen wurde, muss der Betreiber der Anlage eine Anzeige bei der zuständigen Baubehörde erstatten. Erst danach darf der Aufzug tatsächlich in Betrieb genommen werden.

Die Grenzen des Gewerkes Aufzug und der Umgebung sind fließend und führen damit oft zu Meinungsverschiedenheiten. Deshalb hat man versucht, dies in einer ÖNORM darzustellen.

Der Autor ist Leiter des Expert Center for Elevators and Escalators bei TÜV Austria.


Weitere Informationen: tuevaustria.com/aufzug

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