Hans-Jürgen Groß, der Konzernbeauftragte für Barrierefreiheit bei den Wiener Stadtwerken, ist selbst Rollstuhlfahrer.

Hans-Jürgen Groß, der Konzernbeauftragte für Barrierefreiheit bei den Wiener Stadtwerken, ist selbst Rollstuhlfahrer. (Foto: © Maximilian Döringer / Wiener Linien)

Barrierefreie Aufzugsbedienung bei den Wiener Linien

Aktuelles

Die Wiener Linien haben mit dem Komponentenhersteller Schaefer ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Barrierefreiheit umgesetzt. Im Mittelpunkt steht dabei das Schaefer-System "LiftBoy", das eine kontaktlose Aufzugsbedienung per Smartphone ermöglicht.

Herausforderung und Ziel

Täglich nutzen Tausende Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder Sehbehinderung die öffentlichen Verkehrsmittel. Viele Fahrgäste berichteten jedoch, dass Aufzugstaster zu hoch angebracht oder schwer zu bedienen seien. Zudem sollte während der Corona-Pandemie die Notwendigkeit, Oberflächen zu berühren, reduziert werden. Das Ziel bestand darin, eine Lösung zu schaffen, die Barrieren abbaut und gleichzeitig bestehende Aufzüge ohne Eingriff in die Steuerung modernisiert.

Technisches Konzept und Umsetzung

Foto: © Maximilian Döringer / Wiener LinienFoto: © Maximilian Döringer / Wiener Linien

Mit dem LiftBoy können bestehende Anlagen ohne steuerungstechnische Eingriffe barrierefrei nachgerüstet werden, so Schaefer. Er besteht aus Bluetooth-Low-Energy-(BLE)-Modulen, die parallel zu den Aufzugstastern angeschlossen werden. Die Bedienung erfolgt über eine barrierefreie App, die sowohl unter iOS als auch Android verfügbar ist. Nutzer können Aufzüge rufen und Zielstockwerke auswählen, ohne physische Taster betätigen zu müssen. Die App ist für blinde und seheingeschränkte Personen vollständig mit Screenreadern wie VoiceOver kompatibel. Beim Berühren des Displays werden Tastenbezeichnungen und ergänzende Informationen (z. B. "Ebene 0 – Ausgang zur Straßenbahn") akustisch ausgegeben.

Ein optional aktivierbarer Barrierefreiheitsmodus verlängert die Türoffenzeit, sodass Rollstuhlfahrer oder Personen mit Gehhilfen mehr Zeit zum Ein- und Aussteigen haben. Bis Mitte 2025 wurden bereits 46 Aufzugsanlagen mit dem LiftBoy ausgestattet. Ziel ist es, bis Ende des Jahres sämtliche Aufzüge im Streckennetz der Wiener Linien mit der App-Steuerung auszustatten.

Ergänzende Maßnahmen

Im Rahmen des Projekts wurde auch das "Zwei-Sinne-Prinzip" umgesetzt. So informieren mehrsprachige Sprachdurchsagen an den Ruftableaus in Deutsch und Englisch darüber, wenn ein Aufzug außer Betrieb ist. Zusätzlich kommen kontrastreiche Großflächentaster vom Typ Schaefer B 50 zum Einsatz, die Wiener Linien verwenden sie seit Jahren standardmäßig, heißt es in der Pressemitteilung von Schaefer. Sie seien gut tast- und sichtbar.

Praxisnutzen und Resonanz

"Die App haben wir aus praktischen Problemen heraus entwickelt", berichtet Hans-Jürgen Groß, Konzernbeauftragter für Barrierefreiheit bei den Wiener Stadtwerken und selbst Rollstuhlfahrer. "Manche Taster waren zu hoch angebracht. Außerdem wollten wir ein hygienischeres System schaffen. Für mich persönlich ist besonders die verlängerte Türoffenzeit ein großer Gewinn, weil sie ein entspanntes Einsteigen ermöglicht."

Foto: © Maximilian Döringer / Wiener LinienFoto: © Maximilian Döringer / Wiener Linien

Die Rückmeldungen aus der Community seien durchweg positiv gewesen, so Schaefer. Die neue Lösung ermögliche erstmals ein unabhängiges und selbstbestimmtes Nutzen der Aufzüge, ohne dass man auf Hilfe angewiesen sei. Der Erfolg des Projekts sei einer der Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass die Stadt Wien im Jahr 2025 von der Europäischen Kommission mit dem Access City Award ausgezeichnet wurde, berichtet Schaefer.

 

Hintergrund: Schaefer Hier geht es zum Online-Auftritt von Schaefer.

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