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Das Spiel mit der Angst

Betreiber

Aktuell geht ein Gespenst in der Aufzugsbranche um: das Cyber-Monster. Noch beschäftigen sich nur Fachkreise damit, sehr intensiv und kontrovers – aber wissen wir Betreiber überhaupt, was auf uns zukommt und worum es eigentlich geht?

Ich kann es nicht mehr hören: Einerseits erzählen uns Betreibern alle, dass der Aufzug das sicherste Transportmittel der Welt sei. Auf der anderen Seite erklären mir dieselben Leute, was ich als Betreiber alles tun muss, damit nichts Gefährliches passiert. Ich muss mich ständig gegen den Gedanken wehren, dass mit dieser Angst zum einen der Selbsterhalt gestärkt werden soll und zum anderen gut Geld zu verdienen ist, und zwar das Geld der Betreiber.

Was meine ich damit? Seit Jahren lese ich den Anlagensicherheitsreport (lesen Sie dazu auch hier weiter.). Dabei erfahre ich jedes Jahr aufs Neue, wie schrecklich gefährlich die Welt der Aufzüge ist und wie viel schlimmer sie ohne die ZÜS wäre. Klar, dass sie das schreiben. Denn gäbe es keine Mängel, bräuchte es auch keine ZÜSen mehr. Und wenn die Mängelquote sinkt, muss man kreativ werden. Ein Schelm, der da nicht sofort an den Mangel 712 denkt … Nun bleibt seit Jahren die Mängelquote in etwa gleich. Also kann es mit der immer größer werdenden Gefahr nicht so weit her sein.

Cyber-Angriffe auf Aufzüge?

Haben Sie übrigens schon einmal von einem Cyber-Angriff auf einen Aufzug gehört? Ich nicht. Nach Aussage des neuen Anlagensicherheitsreports besteht hier aber ein dramatisches Risiko! Grundsätzlich stimmt das, denn immer mehr mechanische Teile im Aufzug werden durch elektronische Teile ersetzt, die in irgendeiner Form mit dem Internet verbunden werden können. Mit dem Fortschritt der Technik nimmt die Gefahr sicher zu, aber aktuell dürfte sie noch sehr überschaubar sein.

Nun haben Sie sicher in der vergangenen Ausgabe des LIFTjournals gelesen, dass Betreiber seit 1. Juli die Gefährdungsbeurteilung (GBU) um einen Teil zur Cybersicherheit ergänzen und bei der Prüfung vorlegen müssen. Sonst wird ein geringer Mangel attestiert.

Dazu zwei Fragen: Seit wann muss ich zur Prüfung eine GBU vorlegen? Und ist diese neue Regelung überhaupt sinnvoll? Es hätte doch zunächst völlig ausgereicht, wenn die ZÜSen diese Bescheinigung erstmal nur bei Prüfungen von neuen Anlagen und nach einer Modernisierung verlangt hätten. Für Bestandsanlagen wäre eine Übergangszeit sinnvoll gewesen, man hätte die Übergangsvorschriften in der Betriebssicherheitsverordnung ergänzen können – niemand hat die ZÜSen und den Gesetzgeber gezwungen, in diesem Tempo vorzupreschen!

Per Gießkanne ausgeweitet

Trotzdem wurde jetzt die Forderung per Gießkanne auf alle Anlagen ausgeweitet. Der Betreiber hat nun den schwarzen Peter. Aber nicht wir sind die Experten für die Sicherheit der Aufzugsanlagen, sondern ihr, liebe ZÜSen! Sinnvoll ist dieser geforderte Nachweis doch sowieso nur für Aufzüge, die Sicherheitsbauteile haben, die sich von außen manipulieren lassen. Wie soll ich als normaler Betreiber erkennen, ob in meinem Aufzug genau solche Teile verbaut sind? Wer, wenn nicht ihr als Prüfer, habt diese Fachkompetenz?

Und was nützt ein solcher “Zettel" als Teil der GBU von einem ahnungslosen Betreiber überhaupt der Cybersecurity? Überprüft wird von der ZÜS nämlich nicht der Inhalt und die Richtigkeit, sondern nur die Plausibilität. Und was geschieht, wenn meine Anlage betroffen ist und ich das nicht erkannt habe? Dann ist mein Nachweis zwar plausibel, inhaltlich aber falsch und das Risiko von Cyberangriffen bleibt.

Sind Aufzugsanlagen also gefährdet? Im Moment ist das Risiko klein. Trotzdem müssen wir Betreiber jetzt unsere Gefährdungsbeurteilung aktualisieren und um den Punkt “Cybersecurity” ergänzen. Sie fühlen sich damit überfordert? Dann bitten Sie doch einfach Ihr Aufzugsunternehmen oder einen Experten von einem Ingenieurbüro um Unterstützung.

Ihr Bernd Betreiber


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